Steuerbürger, die nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind, sogenannte Antragsveranlager, müssen sich zwar nicht an die alljährlichen Abgabefristen für Steuererklärungen halten, sollten aber unbedingt die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist beachten: Nur wenn sie ihre Erklärung innerhalb von vier Jahren nach dem Ende des jeweiligen Erklärungsjahres abgeben, führt das Finanzamt noch eine Veranlagung durch. Danach tritt die sogenannte Festsetzungsverjährung ein, so dass ein Steuerbescheid nicht mehr erstmalig erlassen oder geändert werden darf.
Hinweis: Für das Jahr 2021 akzeptieren die Finanzämter freiwillige Erklärungen noch bis zum 31.12.2025.
Ist ein Steuerbürger zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, z.B. weil er neben seinem Arbeitslohn noch positive Nebeneinkünfte über 410 EUR erzielt hat, verzögert sich der Beginn der Festsetzungsfrist durch eine sogenannte Anlaufhemmung. Die Frist beginnt in diesem Fall erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, bei Nichtabgabe jedoch spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Steuerentstehungsjahr folgt. Im Endeffekt kann so eine bis zu siebenjährige Abgabefrist gelten.
Eine Erklärungsabgabe führt in der Regel aber nur dann zum Ende der Anlaufhemmung bzw. zum Beginn der Festsetzungsfrist, wenn sie beim örtlich zuständigen Finanzamt erfolgt ist. Diese Regelung soll verhindern, dass die Festsetzungsfrist bereits beginnt, bevor die zuständige Finanzbehörde überhaupt etwas vom Entstehen und der Höhe des Steueranspruchs erfahren hat. Wird eine Steuererklärung in den Briefkasten eines nichtzuständigen Finanzamts geworfen, beginnt die Festsetzungsfrist erst, wenn die zuständige Behörde die Erklärung erhält.
Nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs kann in Ausnahmefällen jedoch auch die Erklärungsabgabe bei einem nichtzuständigen Finanzamt für ein Ende der Anlaufhemmung (d.h. Beginn der Festsetzungsfrist) sorgen. Im zugrundeliegenden Fall hatte das nichtzuständige Finanzamt die erhaltene Erklärung einfach zu den Akten genommen, ohne sie an das bekanntermaßen zuständige Finanzamt weiterzuleiten und ohne den Steuerzahler darüber zu informieren, dass keine entsprechende Weiterleitung erfolgte.
Die Bundesrichter sahen in diesem Vorgehen eine gravierende Verletzung der Fürsorgepflicht, so dass der Steuerzahler so zu behandeln war, als wäre die Erklärung zeitnah an das zuständige Finanzamt weitergeleitet worden. Somit war durch die Erklärungsabgabe die Festsetzungsfrist in Gang gesetzt worden, was letztlich dazu führte, dass das Finanzamt eine spätere Änderungsveranlagung wegen eingetretener Festsetzungsverjährung zurücknehmen musste.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
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