Wenn Sie einen Steuerberater betrauen, bekommt dieser Ihre Post vom Finanzamt und kümmert sich um die Einhaltung der Fristen. Wechseln Sie Ihren Berater, kann dies unter Umständen zu Überschneidungen führen, so dass Schriftverkehr noch an den vorherigen Steuerberater gesendet wird. Wenn das der Fall ist, ist das Schreiben dann gegenüber dem alten Steuerberater bekanntgegeben oder nicht? Das Finanzgericht Münster (FG) musste in einem solchen Streitfall entscheiden.


Die Klägerin wurde durch Steuerberater A der A & O GmbH & Co. KG vertreten. Das Finanzamt sendete aufgrund einer Betriebsprüfung geänderte Bescheide an A, gegen die A Einsprüche einlegte. Da die Einsprüche nicht begründet wurden, wies das Finanzamt sie mit Einspruchsentscheidung vom 30.09.2020 zurück. Diese wurde noch am selben Tag postalisch an die A & O GmbH & Co. KG übersandt. Am 02.10.2020 teilte die A & O GmbH & Co. KG mit, dass die Vollmacht der Klägerin zur Vertretung in Steuersachen erloschen sei und deshalb die Einspruchsentscheidung zurückgesandt werde. Das Finanzamt sandte daraufhin die Einspruchsentscheidung an die Klägerin persönlich. Am 03.12.2020 forderte der neue Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Einspruchsentscheidung an und erhob dagegen am 04.01.2021 Klage.


Diese Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Die Klagefrist beträgt grundsätzlich einen Monat. Die Einspruchsentscheidung vom 30.09.2020 sei wirksam gegenüber der A & O GmbH & Co. KG bekanntgegeben worden. Die Vollmacht sei nicht wirksam widerrufen worden. Der Einspruch sei durch die A & O GmbH & CO. KG eingelegt worden. Diese habe im Auftrag der Klägerin gehandelt. Da es sich bei der A & O GmbH & Co. KG um eine Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatergesellschaft handele, sei das Finanzamt davon ausgegangen, dass eine Vollmacht vorliege. Die Vollmacht sei im Zeitpunkt der Übersendung der Einspruchsentscheidung nicht wirksam widerrufen gewesen. Es seien auch keine Ermessensfehler des Finanzamts bei der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung gegenüber dem Bevollmächtigten ersichtlich. Die Klagefrist begann somit am 06.10.2020 und lief am 05.11.2020 ab. Der Widerruf der Vollmacht nach Aufgabe der Einspruchsentscheidung zur Post steht der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung nicht entgegen. Auch dass der Widerruf innerhalb der Drei-Tages-Fiktion beim Finanzamt eingegangen sei, ändere daran nichts.

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(aus: Ausgabe 06/2022)

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