Zur Wahrung der einmonatigen Einspruchsfrist genügt es bereits, wenn Steuerzahler einen Einspruch zunächst komplett ohne Begründung einlegen. Der angefochtene Steuerbescheid wird dadurch erst einmal offengehalten, so dass die Begründung auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist nachgereicht (oder erweitert) werden kann. Ist die nachgeschobene Begründung jedoch als eigenständiger Einspruch zu werten, weil sie sich zum Beispiel gegen einen völlig anderen Bescheid richtet, ist sie unzulässig, sofern sie nach Ablauf der Einspruchsfrist beim Finanzamt eingeht. Einen solchen Fall hat kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH) angenommen.
Im Urteilsfall hatte ein Einspruchsführer zunächst fristgerecht Einspruch gegen den „Bescheid zur Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag“ eingelegt. Darin erklärte er, dass beim Niedersächsischen Finanzgericht eine Klage gegen die Erhebung des Solidaritätszuschlags anhängig sei und er deswegen ein Ruhen des Verfahrens beantrage. Ein halbes Jahr später schrieb der Einspruchsführer dem Finanzamt, dass er „seinen Einspruch nun weiter begründe“ und erstmals einen Investitionsabzugsbetrag in der Einkommensteuererklärung geltend machen wolle. Das Finanzamt vertrat daraufhin den Standpunkt, dass diese nachgeschobene Begründung als eigenständiger (erstmaliger) Einspruch gegen die Festsetzung der Einkommensteuer zu werten war, während der erste ausschließlich gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags gerichtet war. Wegen Fristversäumnisses des zweiten Einspruchs könne kein Investitionsabzugsbetrag mehr berücksichtigt werden.
Der BFH teilte die Auffassung des Finanzamts und entschied, dass das erste Einspruchsschreiben zwar wegen seines uneindeutigen Wortlauts auslegungsbedürftig sei. Da sich diese Auslegung aber vorrangig an der ursprünglich abgegebenen Begründung orientieren muss, kam das Gericht zu dem Schluss, dass sich der Einspruch nur gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags gerichtet hatte. Die nachgeschobene Begründung war demgegenüber als (eigenständiger) Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid zu werten.
Hinweis: Nicht entscheidend war für das Gericht, dass im Betreff des ersten Einspruchs ausdrücklich der „Bescheid zur Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag“ genannt war. Hierin sahen die Richter lediglich eine „formelhafte Erwähnung“.
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(aus: Ausgabe 02/2014)
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