Steuernachzahlungen werden derzeit noch mit 6 % pro Jahr (0,5 % pro Monat) verzinst. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Steuerentstehungsjahres – für den Veranlagungszeitraum 2022 also am 01.04.2024. Ergeht ein Steuerbescheid mit Nachzahlungsbetrag erst nach diesem Datum, muss der Steuerzahler dem Finanzamt – neben dem Nachzahlungsbetrag – also zusätzlich 6%ige Zinsen zahlen.
Hinweis: Auch Steuererstattungen werden mit 6 % pro Jahr verzinst – das heißt, Steuerzahler erhalten diese hohen Zinsen vom Finanzamt, wenn eine Steuererstattung allzu spät erfolgt.
Im Juli 2021 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen von 6 % pro Jahr ab 2014 verfassungswidrig ist. Das Gericht argumentierte dabei mit dem seit Jahren anhaltend niedrigen Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt, mit dem die Zinshöhe von 6 % pro Jahr nicht mehr vereinbar sei. Für Verzinsungszeiträume 2019 und später wurde der Steuergesetzgeber aufgefordert, eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen (bis zum 31.07.2022).
Das Bundesfinanzministerium hat nun einen Referentenentwurf zu einer gesetzlichen Neuregelung vorgelegt (Zweites Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung). Am 30.03.2022 hat das Bundeskabinett diese Neuregelung beschlossen. Nun muss sie noch vom Bundestag verabschiedet werden; zudem muss der Bundesrat zustimmen.
Nach den Neuregelungen soll der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen ab dem 01.01.2019 auf 0,15 % pro Monat (= 1,8 % pro Jahr) gesenkt werden. Dieser Zinssatz orientiert sich am aktuellen Basiszinssatz nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch von -0,88 % und beinhaltet einen Aufschlag von 2,7 Prozentpunkten, was laut Referentenentwurf ein sachgerechter Zuschlag sein soll.
Nach den geplanten Neuregelungen soll zudem mit Teilverzinsungszeiträumen in den Fällen gerechnet werden, in denen unterschiedliche Zinssätze im Zinslauf zur Anwendung kommen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn sich der Verzinsungszeitraum vom 01.05.2018 bis zum 15.07.2019 erstreckt.
Zudem ist im neuen Gesetz geregelt, dass die Angemessenheit des neuen Zinssatzes unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes mindestens alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume evaluiert werden muss – eine erstmalige Überprüfung muss somit spätestens zum 01.01.2026 erfolgen.
Bei noch nicht bestandskräftig festgesetzten Zinsen werden die Finanzämter den neuen Zinssatz nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens rückwirkend ab Januar 2019 anwenden. Im Fall der Neuberechnung von Erstattungszinsen durch Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids darf der Steuerzahler aber im Vergleich zur letzten Zinsfestsetzung nicht schlechter gestellt werden. Das bedeutet, dass weder eine Rückzahlung festgesetzter noch vorläufig erhaltener Erstattungszinsen erforderlich ist.
Hinweis: Der Zinssatz wird durch das neue Gesetz nicht für Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen angepasst – hier wird also weiterhin ein Zinssatz von 6 % pro Jahr angewandt. Ob und wann hier eine Anpassung erfolgt, ist derzeit offen.
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(aus: Ausgabe 07/2022)
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