Zunehmende länderübergreifende Kontakte und Familienbande enthalten für Behörden und Steuerberater immer eine gewisse Komplexität. Denn einerseits gelten nationale bzw. ausländische Rechtsnormen, anderseits aber auch europarechtliche Vorgaben wie zum Beispiel beim Kindergeld.


Anspruch auf Kindergeld hat jemand nach deutschem Recht regelmäßig dann, wenn er seinen Wohnsitz in Deutschland hat und das Kind sich ebenfalls in Deutschland oder innerhalb der EU aufhält. (Ausnahmen gelten zum Beispiel bei Asylsuchenden oder Ausländern, die von außerhalb der EU-Staaten stammen.) In einem kürzlich vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) entschiedenen Fall bestand die Besonderheit darin, dass die Tochter des in Deutschland wohnenden Vaters und Klägers in Litauen (EU) bei ihrer Mutter wohnte.


Das Finanzamt verwies auf die europarechtlichen Vorgaben, nach denen bei fehlenden Einkünften des Vaters allein der Wohnsitzstaat des Kindes ausschlaggebend sein soll und versagte daraufhin das Kindergeld. Doch laut FG besteht nach deutschem Recht ein Anspruch auf Kindergeld. Die europarechtlichen Vorgaben sollen lediglich die unterschiedlichen nationalen Gesetze koordinieren. Das soll doppeltes Kassieren, zum Beispiel von Kindergeld, verhindern.


Im Streitfall erhielt der Vater in Deutschland Sozialleistungen (Hartz IV). Nach europäischen Gesichtspunkten kommt das einer Erwerbstätigkeit gleich. Da die Mutter in Litauen gleichzeitig nicht erwerbstätig war, hatte der Vater vorrangig Anspruch auf das volle Kindergeld. Die Mutter hatte zwar ebenfalls Anspruch auf Kindergeld in Litauen, da dies aber niedriger als in Deutschland war, bekam sie auch kein Differenzkindergeld.


Hinweis: Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Zu den entschiedenen Rechtsfragen sind bereits mehrere Revisionsverfahren beim BFH anhängig. Wir informieren Sie wieder.

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zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 11/2015)

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