Eine millionenschwere Großtante zu beerben, gehört aus finanzieller Sicht wohl zu den angenehmen Dingen des Lebens. Fällt dabei allerdings eine Erbschaftsteuer in Höhe von 76 % an, bleibt der erhoffte Geldsegen weitgehend aus.
Diese Erfahrung musste vor Jahren eine Frau aus Baden-Württemberg machen, die Miterbin ihrer im April 2000 verstorbenen Großtante war. Die Tante hatte ihr Kapitalvermögen teilweise in Frankreich angelegt, weshalb der französische Fiskus damals eine Erbschaftsteuer von 383.000 DM erhob. Das deutsche Finanzamt besteuerte den Erwerb ebenfalls, und zwar mit insgesamt 234.000 DM. Dabei rechnete es die französische Steuer nicht auf die deutsche Steuer an. Auch setzte es hierfür keine (steuermindernde) Nachlassverbindlichkeit an. Vom anteiligen Reinnachlass in Höhe von 816.000 DM blieben der Miterbin somit nur noch 199.000 DM, also magere 24 %. Das deutsche Finanzamt erließ zwar später einen Teil seiner Steuerforderung, doch die Frau verlangte die komplette Anrechnung der französischen Steuer und zog vor den Bundesfinanzhof.
Die Bundesrichter segneten diesen „überbordenden“ Steuerzugriff nun jedoch ab und erklärten, dass die französische Erbschaftsteuer bei der deutschen Steuerfestsetzung nicht berücksichtigt werden muss. Weder das Unionsrecht noch das Grundgesetz oder die Europäische Menschenrechtskonvention verlangen eine Anrechnung der Steuer oder den Ansatz einer Nachlassverbindlichkeit.
Hinweis: Ein doppelter Steuerzugriff von deutschem und französischem Fiskus wie im Urteilsfall ist seit 2009 nicht mehr möglich, da seitdem ein spezielles Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) für Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen zwischen den beiden Staaten besteht. Gleichwohl können die Urteilsgrundsätze aber noch für Fälle relevant sein, in denen Vermögen aus anderen Staaten geerbt wird, mit denen kein solches DBA besteht.
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(aus: Ausgabe 10/2013)
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