Mit der Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 hat sich die Besteuerung von Gewinnen aus Aktienverkäufen wesentlich verändert: Nach der vorher geltenden Rechtslage mussten Veräußerungsgewinne nur versteuert werden, wenn sie innerhalb einer einjährigen Spekulationsfrist realisiert worden waren – in diesem Fall entstand dem Anleger ein Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften. Schrieb er mit Verkäufen binnen Jahresfrist rote Zahlen, entstand ein Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften, der als Verlustvortrag für die Folgejahre festgestellt werden konnte. Seit 2009 müssen Gewinne aus Aktienverkäufen unabhängig von der Haltedauer der Aktien als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuert werden – die Banken behalten seitdem direkt Abgeltungsteuer auf die Gewinne ein.


Hat ein Anleger mit seinen „Altaktien“ Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften realisiert, darf er diese Verluste nach einer Übergangsregelung ausnahmsweise mit „neuen“ Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnen. Das Einkommensteuergesetz ließ diese Verrechnung aber nur innerhalb einer fünfjährigen Übergangsfrist zu, so dass sie letztmalig im Veranlagungszeitraum 2013 möglich war.


Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun bekräftigt, dass diese fünfjährige Übergangsregelung verfassungsgemäß ist. Der BFH verwies auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach der Ausschluss der Verrechenbarkeit auf den Systemwechsel bei der Besteuerung zurückzuführen ist und der Gesetzgeber befugt war, den Wechsel in einer überschaubaren Zeit abzuschließen. Nach Gerichtsmeinung verstößt es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, Altverluste ab 2014 nicht mehr zur Verrechnung mit Neugewinnen aus Aktienverkäufen zuzulassen.


Hinweis: Anleger, die ihre Altverluste bis einschließlich 2013 nicht mit Neugewinnen  verrechnen konnten, mussten das Steuersparpotenzial ihrer Verluste nicht gänzlich verlorengeben, denn sie konnten ihre Verluste ab 2014 zumindest noch mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnen (z.B. aus einem Grundstücksverkauf innerhalb der Zehnjahresfrist). Eine faktische „Verlustvernichtung“ liegt nach Ansicht des BFH daher nicht vor.


Im zugrundeliegenden Fall hatten die Kläger eine Verlängerung der Fünfjahresfrist in ihrem Fall gefordert. Sie beriefen sich darauf, dass sie in der Zukunft definitiv keine Neugewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften mehr erwirtschaften würden, so dass die Altverluste steuerlich definitiv „untergingen“, sofern die Frist nicht verlängert werde. Der BFH sah jedoch keinen Anlass, aufgrund dieses Einzelfalls an der Verfassungsmäßigkeit der Verrechnungsfrist zu zweifeln.  Die  Kläger hatten von einem Verkauf einer Immobilie aus wirtschaftlichen Gründen Abstand genommen und somit die Entscheidung getroffen, keinen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften mehr zu erzielen. Sie hatten nach Gerichtsmeinung daher nicht sämtliche Möglichkeiten der Verlustverrechnung genutzt und die Höhe ihres später verfallenden Altverlusts in Kauf genommen, so dass keine verfassungsrechtlich bedenkliche faktische Verlustvernichtung vorlag.

Information für: Kapitalanleger
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 03/2022)

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