Im Regelfall wird die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten berechnet (Soll-Versteuerung). Die Steuer entsteht für Lieferungen und sonstige Leistungen dann mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das Finanzgericht München (FG) musste nun klären, ob auch im Gründungsjahr der Gesamtumsatz nach vereinbarten Entgelten zu bestimmen ist.


Bei vereinbarten Entgelten kommt es also regelmäßig zu einer Vorfinanzierung der Umsatzsteuer. Bei den vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) ist die Umsatzsteuer hingegen erst an das Finanzamt abzuführen, wenn die Entgelte tatsächlich vereinnahmt worden sind. Auf Antrag kann das Finanzamt einem Unternehmer gestatten, die Steuer nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen, wenn dessen Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500.000 EUR betragen hat.


Insoweit wäre es interessant, wenn man insbesondere im Gründungsjahr die Umsatzsteuer regelmäßig nach vereinnahmten Entgelten abführen dürfte, um aufgrund der Vorfinanzierung einen Liquiditätsengpass zu vermeiden. Dafür darf der für das Gründungsjahr zu erwartende Gesamtumsatz 500.000 EUR jedoch nicht übersteigen. Im Urteilsfall hatte der Unternehmer hier eine unrichtige Angabe getätigt, indem er nur 30.000 EUR als geschätzten Umsatz im Jahr der Betriebseröffnung angab, obwohl er mit über 1.000.000 EUR rechnen konnte.


Das FG hat nun klargestellt, wie die im Gesetz genannte Umsatzgrenze zu schätzen ist. Wird die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten beantragt und hat der Unternehmer seine unternehmerische Tätigkeit erst im laufenden Jahr begonnen, kommt es im Hinblick auf die maßgebliche Umsatzgrenze nicht auf die Verhältnisse des vorangegangenen Jahres, sondern auf die voraussichtlichen Verhältnisse des aktuellen Jahres an. Die Umsätze des Neugründers sind laut FG nach den Grundsätzen der Soll-Besteuerung zu schätzen. Das FG vertritt hier eine eher ungünstige Auffassung für den Steuerpflichtigen. Die Revision beim Bundesfinanzhof ist zugelassen worden, da die Frage höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.


Hinweis: Das Urteil hat praktische Relevanz für alle Unternehmen, denen das Finanzamt auf Antrag im Gründungsjahr gestattet hat, Umsätze nach vereinnahmten Entgelten zu versteuern. Sofern am Jahresende festgestellt wird, dass die bei Antragstellung gemachten Angaben unzutreffend gewesen sind – etwa, wenn geplante Umsätze verschwiegen wurden -, droht die rückwirkende Rücknahme der Gestattung.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Umsatzsteuer

(aus: Ausgabe 10/2019)

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